«Der Vertrieb ist nur erfolgreich, wenn er Instrumente hat, mit denen er arbeiten kann.»
1. Warum ist die Kommunikation entlang der Vertriebskanäle so wichtig?
Erfolgreicher Vertrieb. Für ein Unternehmen ist es entscheidend, eine integrierte Kommunikation aufzubauen. Integriert bedeutet einerseits Konsistenz in den Botschaften, abgestimmtes Timing (interne und externe Stakeholder) und Wahrung eines einheitlichen visuellen Auftritts. Dies ist heute schwieriger denn je, da die Zahl der möglichen Kommunikationskanäle ständig steigt und Social Media ein schwer kontrollierbares Eigenleben entwickeln kann. Dies kann dazu führen, dass die Unternehmen ihre angestrebte Deutungshoheit verlieren. Unternehmen können diesem nur entgegenwirken, wenn sie konsequent alle die von ihnen steuerbaren Kommunikationskanäle umfassend und integriert bearbeiten. Es reicht nicht aus, nur die Kommunikation in Richtung Kunden professionell zu gestalten und zu hoffen, die Kunden werden dann schon kaufen. Integration bedeutet auch, dass die Unternehmen ihre internen Stakeholder, insbesondere den Vertrieb und ihre indirekten Vertriebspartner aktiv einbinden. Der eigene Vertrieb und ihre indirekten Vertriebspartner sind dann ein wertvoller Kommunikationskanal und hoch motiviert. Das ganze Unternehmen und seine Vertriebspartner können nur erfolgreich mit einer einheitlichen Stimme sprechen, wenn die Kommunikation auch entlang der Vertriebskanäle erfolgt.
2. Warum arbeiten Vertrieb und Marketing nach wie vor oft in Silos mehr schlecht und recht miteinander und was kann man dagegen tun?
Es ist oft der Fall, dass Marketing und Vertrieb nicht gut mit einander harmonieren. Dies liegt an der unterschiedlichen Aufgabenstellung, der unterschiedlichen Denkweise, dem mangelnden Respekt für die Arbeit des anderen und sehr oft an den handelnden Personen. Eine gute Zusammenarbeit kann man nicht erzwingen. Es bleibt primär eine Führungsaufgabe für diejenige Person, die beide Bereiche verantwortet. Erfolge und ein besseres Verständnis für einander lassen sich sicherlich durch Jobrotation erzielen. Auch kann es Sinn machen, Marketingmitarbeiter in Vertriebsaufgaben, z.B. Im Key Account-Bereich einzubinden. Die Digitalisierung im Vertrieb und insbesondere das Inbound-Marketing wird dazu führen, dass beide Bereiche zwangsläufig näher zusammenrücken müssen, da es eine Verschmelzung der Aufgaben geben wird. Dieser Trend ist unaufhaltsam und wir werden irgendwann nur noch eine MarketingSales-Abteilung haben.
3. Warum ist die Kommunikation von Marketing an Vertrieb so wichtig, warum sollten man im Marketing den Vertrieb auch als Zielgruppe betrachten?
Eine intensive Kommunikation zwischen Marketing und Vertrieb ist in beide Richtungen wichtig und maßgeblich für den Unternehmenserfolg entscheidend. Der Vertrieb ist die Speerspitze des Unternehmens zum Kunden und hat sein Ohr am Markt. Wichtige Trends und Kundenanforderungen könnten im Marketing untergehen, wenn es keine Kommunikation zwischen Vertrieb und Marketing gibt. Der Vertrieb ist darüber hinaus viel motivierter und engagierter, wenn er das Gefühl hat, dass er sich einbringen kann und seine Ansichten und Empfehlungen gehört bzw. umgesetzt werden. Das Marketing sollte den Vertrieb unbedingt als Zielgruppe betrachten, da dieser vor Ort beim Kunden die Marketingmaßnahmen umsetzen bzw. vom Kunden auf bestimmte Kampagnen oder neue Produkte angesprochen wird. Wenn der Vertrieb kommunikativ nicht eingebunden ist, können sich schnell Blockadehaltungen auftun und die Marketingaktion verpufft. Der Vertrieb benötigt darüber hinaus sehr kanalspezifische Instrumente abhängig davon, welche Kundengruppe er gerade bearbeitet. Das Marketing sollte bereit, diese kanalspezifischen Instrumente gemeinsam mit dem Vertrieb zu entwickeln und umzusetzen. Der Vertrieb ist nur erfolgreich, wenn er Instrumente hat, mit denen er arbeiten kann. Dies sind nicht notwendigerweise schöne Broschüren oder Kundenmagazine, oft hat der Vertrieb nur kurze Zeitfenster beim Kunden und da braucht er zugeschnittene Instrumente, die schnell auf den Punkt kommen. Dies steigert die Vertriebseffizienz und somit letztendlich auch den Unternehmenserfolg. Ein erfolgreicher Betrieb.
4. Was ist aus Ihrer Sicht die grösste Herausforderung für Kampagnen für mehrstufige Absatzwege?
Kampagnen sollten einerseits „creative“ und andererseits „integrative“ sein. Bei mehrstufigen Absatzwegen gibt es unterschiedlichste Zielgruppe, die jeweils individuell angesprochen werden müssen. Trotz Kreativität und Individualisierung in der Ansprache der verschiedenen Zielgruppe, muss das große ganze Bild der Kampagne erhalten bleiben, alle internen Stakeholder müssen frühzeitig eingebunden werden und das Timing der verschiedenen Aktionen in den Absatzwegen muss sehr präzise abgestimmt werden. Dies erfordert eine integrative Kommunikation, denn nur diese trägt massgeblich zu einem Kampagnenerfolg bei. Bei einer Kampagne für mehrstufige Absatzwege ist ein gutes Monitoring unerlässlich. Hierzu empfiehlt es sich, eine externe Agentur zu beauftragen, um den Blick von außen sicherzustellen. Eine externe Agentur kann auch leichter internes Feedback aufnehmen und schneller Anpassungen vornehmen.
5. Sie haben viel Erfahrung im B2B-Bereich und im Dienstleistungsvertrieb. Welche Besonderheiten gibt es hier in Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb?
Im B2B-Bereich und insbesondere im Dienstleistungsvertrieb ist Vertrauen der entscheidende Faktor. Vertrauen basiert auf einer guten Performance, Berechenbarkeit bzw. Kontinuität, einen Goodwill dem Kunden gegenüber sowie Integrität. Vertrauen kann man insbesondere durch eine starke und differenzierende Marke aufbauen. Der Markenaufbau und die kontinuierliche Markenpflege ist die primäre Aufgabe des Marketings. Hierbei ist es wichtig, dass regelmäßig Markenschulungen erfolgen, wo auch der Vertrieb eingebunden ist. Dieser ist als Speerspitze zum Kunden der erste Markenbotschafter. Das Marketing ist auch der oberste Markenwächter im Unternehmen und muss daher sicherstellen, dass der Vertrieb sich strikt an die Vorgaben hält, damit das Markenbild nicht verwässert wird. Zwischen Vertrieb und Marketing gibt es in der Regel einen sehr engen Austausch und vielfach ist das Marketing sehr eng eingebunden bei Präsentationsterminen vor Ort bei Kunden in aller Welt. Vertrieb und Marketing sind aufeinander angewiesen, da im B2B-Bereich bzw. Dienstleistungsvertrieb oft sehr individuelle bzw. projektspezifische Marketinginstrumente erforderlich sind.
Artikel erschienen – DIE CREW Magazin 2023
zur Person
Prof. Dr. Rembert Horstmann (Jg. 1964) ist seit Juli 2019 Professor für Marketing & Vertrieb an der CBS International Business School in Köln sowie Aufsichtsratsmitglied und Beirat in verschiedenen Unternehmen. Davor war er vier Jahre Head of Marketing beim Logistikdienstleister IMPERIAL Logistics International mit Hauptsitz in Duisburg. Seine Berufslaufbahn startete er nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Münster und in den USA bei zwei renommierten Unternehmensberatungen in Düsseldorf und Zürich, bevor er als Senior Vice President die weltweite Marketingverantwortung bei ThyssenKrupp für die Bereiche Edelstahl Rostfrei und Elevator übernahm. Sein Einstieg in die Logistik erfolgte 2006 als Group Director Marketing & Communications bei der Fiege Stiftung GmbH & CO. KG in Greven. Als Keynote Speaker und Autor ist Professor Horstmann ein ausgewiesener Experte in den Bereichen Marketing, Markenführung, Customer Centricity und Vertrieb.